Ihr seid im Wald, die Vögel zwitschern und die Sonnenstrahlen tanzen durch die Baumkronen. Es könnte alles so schön sein – wenn dein Hund nicht ziehen würde wie ein Brauereipferd. Es gibt nicht die Lösung, das Wundermittel oder den einfachen Trick, um eine entspannte Leinenführigkeit zu erreichen.
Meistens ist ein ziehender Hund ein Symptom mit verschiedenen Ursachen. In diesem Beitrag möchte ich euch berichten, wie wir die Leinenführigkeit bei meinem Hund Benji erarbeiteten.
Kurz zu uns
Benji ist ein 11 Monate alter Fox-Red Labrador, der mit 7,5 Monaten bei uns einzog. Er sollte ursprünglich Therapiehund in der Schweiz werden, was Corona – für uns zum Glück – verhinderte. Er durfte erstmal nicht exportiert werden und war später zu alt, um die Ausbildung zu beginnen. Das bedeutete auch, dass er quasi nichts konnte, als er zu uns kam. Es standen ein paar lange Wochen mit dem pubertierendem Teenagerhund bevor, die wir bisher gut meisterten.
Inzwischen sitzt der Grundgehorsam und Benji darf mich sogar bei den meisten meiner Fotoshootings begleiten. Er hatte das „Glück“, bei einer Tierfotografin zu landen. Ja, es gibt nach knapp 4 Monaten locker 1000 Fotos von ihm. Nein, das ging nicht anders. 😉 Zu Hause sind wir ein Dreierteam: Benji, mein Partner Stefan und ich, Janine, die Tierfotografin.
Wer trifft hier die Entscheidungen? – Die Beziehung ist eure Basis für alles!
Unser Weg zur Leinenführigkeit - beginne noch heute mit dem Training
Bevor wir konkret auf unserer Regeln für die Leinenführigkeit kommen, weise ich darauf hin, dass jeder Hund anders ist. Für Benji hat unsere Methode toll funktioniert, das bedeutet nicht, dass sie für Fiffi von Nebenan auch funktioniert. Es gilt immer, nichts vom Hund zu verlangen, was man ihm nicht vorher beibrachte, denn das wäre unfair.
Wie bringen wir dem Hund bei, entspannt an der Hundeleine zu gehen? Für den Hund ist das zuweilen schön schwierig: Er kann nicht einfach zum nächsten Baum gehen, an dem es so spannend riecht. Dein Wuffi sollte nicht andere Hunde freudig begrüßen oder anpöbeln. Er muss mitlaufen und uns die Entscheidungen abgeben.
Hier liegt die Grundlage: Entscheidungen abgeben können. Wenn dein Hund im Alltag alle Entscheidungen trifft, wieso sollte er an der Leine Entscheidungen abgeben? Wo doch in diesen Situationen alles spannender wäre. Bevor wir an Leinenführigkeit denken, sollte der Grundstein in einer guten Beziehung zueinander gelegt sein. Dein Hund muss dir vertrauen können. Seine Person führt ihn führen, übernimmt Entscheidung und Verantwortung und bietet ihm Sicherheit. Ist das der Fall, bedeutet die Etablierung von Leinenführigkeit „nur noch“ dem Hund zu zeigen, wie die Regeln sind.
Meine Trainingsansätze für Benji
Klare Regeln, klare Kommunikation an der Leine
Leinenführigkeit bedeutet für Benji: Die Leine ist am Halsband befestigt. Benji darf auf Schulterhöhe oder hinter dem Menschen laufen. Er darf nicht von allein anhalten und schnuppern oder zu anderen Hunden laufen. Am Halsband treffen wir Menschen die Entscheidungen – aber fair und höflich. Klare Kommunikation und Konsequenz sind hier die beiden Stichwörter.
Wir haben für die Leine kein Kommando. Hier ist deine Körpersprache wichtig: Läufst du selbstbewusst und aufrecht voraus oder guckst du konstant auf deinen Hund und läufst krumm und unsicher? Dein Hund merkt sofort, wie du dich bewegst und ob du es ernst meinst. Hunde folgen lieber einer Person, denen sie die Führung zutrauen.
Impulse setzen, statt Tauzieh-Wettbewerbe mitmachen - lass deinen Hund nicht ziehen
Das Ziehen gewöhnten wir ihm ab, in dem wir bevor (!) die Leine stramm ist, einen Impuls geben und umdrehen. Dieser Impuls kann bei Benji sehr sanft sein, da er unglaublich sensibel ist.
Ist die Leine stramm, bringt dagegen ziehen nicht viel. Denn Druck erzeugt Gegendruck und wir „kämpfen“ gegen ein sehr stabiles System: die Wirbelsäule des Hundes! Hier geben wir mit der Leine nach, um danach einen kurzen Impuls zu setzen und umzudrehen.
Mit dem Körper blockieren um überholen zu verhindern - übe Gassi gehen an der lockeren Leine
Alternativ zu einem kurzen Impuls könntest du deinen Hund körpersprachlich eingrenzen. Sobald dich dein Hund überholen möchte, machst du eine schnelle Halbdrehung bis du vor ihm stehst. Als drehst du dich in seine Laufbahn und schneidest ihm den Weg ab. Dann drehst du dich wieder zurück und gehst erneut los.
Sollte dein Hund dazu neigen nach vorne zu preschen, kannst du ihn mit deiner Körpersprache zu etwas Ruhe bringen. Nachdem du dich vor ihn drehst, baust du dich noch mehr auf. Die meisten Hunde reagieren auf einen selbstbewusstes Entgegenkommen mit einem 'Sitz'. Ohne das ein Wort gesprochen wurde. Stell dich wieder neben deinen Hund und warte einige Sekunden. Danach gehst du mit deinem Wuffi weiter.
Sollte dein vierbeiniger Liebling selbstständig nach vorne drängen, beginne von neuem. Dreh dich wieder in die Laufbahn, baue Druck auf und lass deinen Hund kurz sitzen. Dein Vierbeiner muss so lange sitzen bleiben, bis du dich weiterbewegst. Er entscheidet nicht das Tempo und den Weg.
Es gibt tausend Methoden, um zu diesem Ergebnis zu gelangen. Unsere Methode war ganzheitlich: Benji weiß, dass wir ihn sicher und souverän führen und wir die besten Entscheidungen treffen. Die Regeln haben wir ihm klar kommuniziert, sodass keine Missverständnisse aufkommen konnten.
Fast Freiheit: Freizeit am Geschirr & weniger Regeln
Natürlich herrscht nicht immer „Zucht und Ordnung“ – Hunde sollen natürlich schnuppernd auf eigene Faust die Welt erkunden dürfen. Falls das nicht ohne Leine geht (z.B. weil im Park Leinenpflicht ist), haben wir das Geschirr. Ist die Leine am Geschirr, darf er alles – außer ziehen. Jeder Hund benötigt ja auch eine Pause vom Training.
Hier benötigt er kein Kommando. Durch den Wechsel des Karabiners von Halsband zum Geschirr und unserer veränderten Körpersprache weiß er, was Sache ist. So wuselt er entspannt um uns herum und kann seinen Spaziergang genießen.
Auch in der Trainingsphase ist es klug eine Alternative zum Halsband zu haben. Nachdem du 10 Minuten intensiv an der Leinenführigkeit gearbeitet hast, gib deinem Hund eine Pause. So kann er über das Gelernte nachdenken. Zusätzlich hast du eine Alternative, wenn du zu einem Ort schnell hin musst. Dann geht es sich oft nicht aus konsequent an der Leinenführigkeit arbeiten. Damit du deinen Hund nicht verwirrst, nimm das Geschirr und erspare dir den unnötigen Stress.
Konsequenz lohnt sich! Beginne heute euren Weg zum harmonischen Gassi gehen.
Tatsächlich lohnte sich die Konsequenz. Wir machten keine Ausnahmen. Es gibt auch heute noch immer keine Ausnahmen und es gelten die gleichen Regeln. Drei lange Wochen kamen wir nur langsam von A nach B.
Aber Benji weiß nun er genau, wie die Regeln sind und hält sich gerne dran. Manchmal üben wir noch gezielt unsere Leinenführigkeit zur Auffrischung. Aber diese Trainingseinheiten konnten wir auf ein kleines Maß reduzieren.
Wie sicher sitzt die Leinenführigkeit, wenn wir über eine fremde Wiese gehen? Und wie viel spannender ist es, zu einem anderen Menschen zu gehen, wenn der leckere Wurst in der Hand hat? Mit kleinen Challenges halten wir die Leinenführigkeit frisch und Benji lernt, dass es sich lohnt, bei uns zu bleiben.
Wenn er etwas wirklich gut machte und sich konzentrierte, gibt es natürlich ein Leckerlie. Inzwischen gehen wir mit der durchhängenden Leine durch die Bochumer Innenstadt und selbst, wenn uns andere Hunde anpöbeln weiß Benji: Ich bleibe bei meinen Menschen, sie führen mich sicher durch die Situation.
7 einfache Tipps für Training und der Leine
- Die Basis für Leinenführigkeit ist immer eine qualitative und vertrauensvolle Beziehung.
- Lass Frustration im Training weg. Mach lieber immer wieder Pausen und arbeite so an einer positiven Lösung.
- Nimm deinen Hund im Alltag Entscheidungen ab – so wird er dir auch an der Leine die Wahl überlassen.
- Klare Regeln und klare Kommunikation führen zum Erfolg.
- Keine Ausnahmen machen, dafür Konsequenz und Ruhe reinbringen.
- Halsband und Geschirr haben unterschiedliche Funktionen. Schaffe einen unterschied zwischen Training & Freizeit.
- Wie du deinem Hund die Regeln beibringt, ist euch überlassen – ihr wisst, was für euch am besten ist!
Viel Spaß beim Training und mehr Entspannung bei unseren nächsten Spaziergängen!
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